Zu Situation 2: (...) Ich bin selber nicht schwul, hätte aber kein Problem damit, mit einem schwulen Kollegen rumzulaufen.
Geht mir selbstverständlich genauso. Vielen Männern ist das aber tatsächlich unangenehm. Sie denken, wenn sie mit nem (scheinbar) Schwulen zusammen gesehen werden, dann könnten sie vielleicht als dessen Partner abgestempelt werden. Speziell Männer, die gerade auf der Suche nach Chancen für Flirts mit Frauen sind, haben damit natürlich ein Problem. Die wollen schlichtweg dieses Image nicht.
Ich glaube auch nicht, dass Schwule öfters Strumpfhosen tragen als Heteros.
Auch da stimme ich Dir zu. Leider kann die Mehrzahl unserer Mitmenschen vermutlich nicht so gut differenzieren, wie wir es können. Ich denke schon, dass sehr viele, die mich mit Strumpfhosen sehen, denken: "der ist bestimmt schwul!". Die wissen es einfach nicht besser; da werden alle Klischees in einen Topf geworfen, und alles wird über einen einzigen Kamm geschoren. Ich kann gut damit leben, wenn jemand denkt, ich sei schwul. Zum einen finde ich nicht, dass es ein abwertendes Urteil ist (hab auch ne Menge "Homos" beiderlei Geschlechts in meinem Freundeskreis), und zum anderen hab ich ne Partnerin und bin auf die Einschätzung anderer Frauen nicht angewiesen.
Dass aber ein Kumpel nicht möchte, dass die Sache auf ihn "mit abstrahlt", kann ich aus den oben genannten Gründen gut verstehen, weshalb ich auch die Konsequenzen ziehe, von denen ich geschrieben hab.
Und zum Fazit 1: (...) Aber hast Du jetzt ein wirkliches Problem oder eine Konsequenz zu befürchten? Ich denke, der Arbeitsplatz ist wohl noch immer der Ort, wo Konsequenzen am meisten befürchtet werden, wahrscheinlich zurecht. Ansonsten ist es doch eigentlich eine tolle Sache, dass man heutzutage so rumlaufen kann.
Arbeitsplatz ist bei mir zum Beispiel überhaupt kein Problem. Da sitz ich so fest im Sattel, dass kaum was passieren kann. In der Freizeit haben schon viele Arbeitskollegen meinen speziellen Style gesehen, und wenn mein Chef mir gegenüber stünde, wäre es mir auch egal.
Es ist eher die Herausforderung, dass man damit umgehen muss, dass man stets der "bunte Hund" ist, wenn man sich in einem Menschenansammlung begibt. Alle versuchen unauffällige Blicke zu erhaschen, und viele beginnen zu tuscheln, zu grinsen, und so weiter. Man braucht schon ein gestähltes Ego, um damit umzugehen. Wenn man mit jemandem, den man noch nicht kennt, ein Gespräch beginnen will, dann wird derjenige erstmal argwöhnisch beobachten, was denn dieser Freak, der optisch so auffällig ist, nun verbal von sich gibt - da wird man kaum auf ein unvoreingenommenes Gegenüber treffen. Das kann schon auch anstrengend sein, find ich.
Gestern bin ich mal zu einer Bar gelaufen, um was zum trinken zu holen, und mindestens 30 Leute, die dort saßen und der Band zuschauten, die am anderen Ende des Raumes spielte, starrten mich gleichzeitig an. Manchmal kann man sowas geniessen, ein andermal denkt man sich: hätt ich mir doch was anderes angezogen.
Aber es stimmt schon - es ist klasse, dass man so rumlaufen kann, wenn man will, und eigentlich kaum Gefahr läuft, von jemandem aufgemischt zu werden.