Über die Mode hinaus: Wovon ich nach eigenen Erfahrungen überzeugt bin, dass Mädchen auch in bisher klassischen Männerberufen Fuß fassen können und umgekehrt auch Jungen an bisher klassischen Frauenberufen Freude finden können.
Gut gebrüllt Löwe, der Unterschied ist aber nach wie vor da:
Frau arbeitet in typischem Männerberuf: "Wow, klasse! Toll, dass du das machst!"
Mann arbeitet in typischem Frauenberuf: "Ach, du machst das? Find ich ja toll, obwohl man da ja viel weniger verdient, warum machst du das denn, du könntest doch auch..."
Die Stereotype ist doch nach wie vor in den Köpfen verankert, und selbst in Deinem Text müssen "Mädchen in bisher klassischen Männerberufen FUß FASSEN, während "Jungen (auch) ... Freude finden können".
Unterschwellig müssen sich also die Mädchen etwas erarbeiten (Fuß fassen), während die Jungs etwas zugunsten des "Freude finden" aufgeben.
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Da steckt in meinen Augen bereits eine Wertung drin, die wiederum auf einer Definition von "Erfolg" basiert.
Es ist zwar anerkannt schön und gut, wenn alten, kranken, behinderten Menschen geholfen wird, wenn das aber jemand mit geringem Lohn Tag für Tag tut, werden die wenigsten auf die Idee kommen, die Helfer als wahnsinnig erfolgreich und als tolles Vorbild für das eigene Leben zu betrachten, dafür wird dann doch eher der Manager oder die Managerin, der erfolgreiche Unternehmer oder Anwalt herangezogen.
Am Ende des Tages bewertet die überwiegende Mehrheit der Menschen Erfolg nach zwei Kriterien, das eine ist persönlicher (monetärer) Reichtum, das andere ist Macht (, die nun meist mit monetärem Reichtum einhergeht, aber diese Verquickung lasse ich mal außer acht).
Ich persönlich bin nicht sicher, ob sich ein "Wert" so beschreiben lässt und die Tatsache, dass Dinge wie Pflege von Alten und Kranken, geringer entlohnt werden als das Führen einer Bank oder eines Unternehmens, lässt mich zusammen mit der Tatsache, dass auch in unserem Staat immer für letztere Tätigkeiten irgendwie zu wenig Geld vorhanden ist, überlegen, ob es nicht eine Werteverschiebung braucht...
Nun ist das ja alles schon in der Literatur durchgedacht worden, die Diskussion über den Einfluß des Menschen und ebendieses Wertesystems auf die Umwelt ist gerade hochaktuell, und - wenn ich mir diesen Sidestep erlauben darf - neue Medienformate wie instagramm befördern dieses Bild von Erfolg, obwohl sie anders funktionieren. Die Influencerin und der Influencer wurden erfunden, die nichts produzieren oder verbessern, aber mit Selbstbeschau reich werden können.
Nun hat dies alles eines gemeinsam: Um eine neue Sicht, eine neue Lebensweise zu erreichen, muss ich etwas aufgeben, und mir scheint - um zum eigentlichen Thema zurückzukehren - dies im "alten Wertesystem" immer mit Verlust einherzugehen.
Wenn ich in der deutschen Politik zurückschaue, hat da niemand je gesagt, wir müssten einmal ganz anders denken, es wurde immer versprochen, dass sich "mehr für mehrere" erreichen ließe, wir haben mehr Demokratie gewagt, wir haben blühende Landschaften erzeugt, haben gefordert und gefördert, und immer ging es um "mehr", und dieses "mehr" ist immer im alten Denken mit der alten Definition von "Erfolg" gemeint gewesen.
Und jetzt halten wir uns alle fest, denn wir fliegen eine wirklich enge Kurve!!
Solange in den Köpfen steckt, ein Mann im Rock wolle eigentlich nur aus seiner angestammten, männlichen, erfolgreichen (nach obiger Definition) Rolle nach unten ausbrechen und eben "nichts leisten", solange wird das "komisch" aussehen!
In Künstlerkreisen zum Beispiel funktioniert das ja. Da kann man sich ne Menge erlauben, man ist ja Künstler.. und wenn man dann auch noch genug verkauft, ist man wieder nach obiger Definition erfolgreich und dann ist das irgendwie cool, weil man wieder "im System" ist, siehe Bowie, aber dann ist man eben auch der bunte Hund, man wird nicht wirklich ernst genommen, ausgenommen den monetären Erfolg (sic!)...
Alors, just my two cents
Adrian