Was Stuttgard21 angeht: Ich habe das Gefühl, das sich da auch was verselbständigt. Die Heftigkeit des Protestes deutet eher darauf hin, das es gar nicht mal um den Bahnhof ansich geht, sondern um das ganze Drumherum. Auf der einen Seite verständlich, aber auch bei den Demonstranten stört mich eine Fanatismuskomponente zunehmend. Wenn ein Demonstrant sagt, das er schon sehr "Demonstrationserfahren" ist und das ihn Stuttgard21 an "Wackersdorf" erinnert, so spricht das auch wieder Bände. Hier spricht dann nicht der Normalbürger sondern ein Berufsdemonstrant.
Was mich bei den Stattgart21 Demonstranten stört ist die selbstherrliche Verdrehung einer Tatsache wenn sie behaupten: "Wir waren friedlich, ihr nicht." Diese Aussage ist völliger Unsinn.
Wenn Demonstranten auf einem Baugelände Sitzblockaden machen und der mehrfachen Aufforderung der Polizei das Gelände zu verlassen nicht nachkomme, begehe ich zumindest eine Ordnungswidrigkeit wenn nicht eine Straftat weil ich auf diesem Gelände schlicht und einfach nichts zu suchen habe. Unbefugte haben auf Baustellen eben nichts zu suchen ! Das weiß jedes Kind. Und wenn man dann trotzdem bockig sitzenbleibt verletze ich eben das Hausrecht und mache mich strafbar - das Demonstrationsrecht legitimiert das nicht. Ich kann auch nicht in eine Bank gehen, mich auf den Boden setzen und anfangen gegen die Bankenkrise zu demonstrieren. Und wenn die Bänker sagen das ich bitte gehen soll ignoriere ich das und bleibe eben sitzen. Dann kommt die Polizei und zerrt mich - zur Not mit Gewalt - aus der Bank raus. Dann ist es doch eine Witznummer zu behaupten: "Ich war ja friedlich, ich saß "nur" auf dem Boden. Die bösen Polizisten haben ja Gewalt angewendet und mich rausgezerrt."
Auf der einen Seite kritisierst Du die Regierenden (zu recht), auf der anderen Seite machst Du Dir genau deren Argumentation zu eigen.
Ich glaub, in der BRD hat es in den letzten 20 jahren kaum eine Massenbewegung gegeben wie jetzt gegen Stuttgart21.
Und wenn in Stuttgart wochentags 100000 Menschen auf der Straße sind, dann mit Sicherheit keine zugereisten oder "Berufs"demonstranten.
Sondern es sind zum allergrössten Teil Leute wie Du und ich, denen das, was da abgeht, tierisch auf den Zeiger geht.
Was sind eigentlich Berufsdemonstranten? Ist das jemand, der vor 20 Jahren in Wackersdorf demonstriert hat und jetzt in Stuttgart?
Sind das nicht vielmehr Menschen, die sich von der Politik nicht einlullen lassen und ihr Recht zur friedlichen Meinungsäusserung wahrnehmen?
Grade der breite Wiederstand quer durch alle Bevölkerungsschichten macht es für die Regierenden doch so schwer, diesen als von "Chaoten" gesteuert zu diffamieren.
Zur gewaltfreiheit soviel, das bedeutet für mich, keine Gewalt gegen Personen oer Sachen anzuwenden, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
Genauso selbst verständlich ist für mich, dass ich Sitzblockaden durchaus für legitim halte, auch wenn das als Nötigung gewertet wird.
Und es gibt für mich auch noch die Verhältnismässigkeit der Mittel. Wenn nach den Vorfällen letzte Woche zwei Menschen zu erblinden drohen (darunter ein 65 jähriger Rentner, sicher kein "Berufsdemonstrant"), dann frage ich mich wirklich, ob der Polizeieinsatz so in dieser Form wirklich angebracht war.
lg
Satinlook