ihr habt alle ein wenig recht
was AJR schreibt stimmt für die 60er bis 80er Jahre auf alle Fälle.
Durch allgemeines Wirtschaftswachstum kam es sowohl bei den Gewinnen als auch bei den Reallöhnen zu Steigerungen und somit zu Steigerung des finanziellen Wohlstandes.
Aber seit den späten 80er und frühen 90er Jahren sinkt - soweit ich informiert bin - der Reallohn in Deutschland kontinuierlich.
Außerdem verdoppelte sich die Arbeitslosigkeit, was ja auch starke Einkommensverluste bedeutet.
Hinzu kommen die neuen Arbeitsformen wie Zeitarbeit oder den neuen Billiglohnsektor = jeweils Reallohnkürzungen.
Hinzu kommen die Anhebung der Wochenarbeitszeiten seit den späten 90er Jahren ohne Angleichung der Einkommen sowie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit (ohne Anhebung der Renten).
Gleichzeitig stiegen die Gewinne der Unternehmen weiter (hier heben die Großen, vor allen die Banken und die Energiekonzerne den Durchschnitt enorm an)
Gleichzeitig kam es in diesen Zeitraum zu starken Preissteigerungen bei Mieten, Energie, Wasser, Abfallbeseitigung, Kinderbetreuung, Kultur, Pflege, Bildung (z. B. steigende Kitagebühren, Schulnebenkosten) Sozialversicherung z.b. Zuzahlungen bei Medikamenten, Arztkosten (Praxisgebühren) Das billigere Bier wirkt sich da kaum aus. Diese Form der Preissteigerungen treffen immer die Ärmeren zuerst.
Weiter kam es im Zuge der Umstellung der Sozialhile auf Harz4 zu massiven Kürzungen von flankierenden Sozialleistungen und somit Einkommen für die ganz Armen.
Fazit: Seit den 90er Jahren geht es nicht Einzelnen, sondern einen großen Teil der Bevölkerung real wirtschaftlich schlechter, während zugleich die Schere zu den Superreichen im selben Zeitraum größer wurde. Das belegen alle seriösen Quellen u.a. auch der 3. Armutsbericht der Bundesregierung. (siehe weiter unten)
Besonders ärgerlich ist es dann wenn die Regierung ihre Sozialkürzungen begründet mit:
"Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt" denn das trifft seit 20 Jahren in Deutschland für die Meisten nicht zu.
Über die Verhältnisse leben unsere Millionäre und Milliardäre , nicht aber der Lehrer, der Bauarbeiter, der Mittel- und Kleinunternehmer, der Rentner oder der Arbeitslose. Doch unsere Spitzenpolitiker sind von dem realen Leben der Menschen so weit weg (ähnlich wie die DDR-Bonzen in den letzten Jahren vor der Wende) dass sie nicht mehr mitbekommen was wirklich Sache ist.
Eine besondere Situation herrscht noch für die ehemaligen DDR-Bürger, die solche Einkommensverluste durch Arbeitslosigkeit oder enormen Preissteigerungen ja vorher nicht kannten. Aber dieses Beispiel zeigt zugleich auch, dass eine Steigerung von Lebensqualität nicht unbedingt an der Höhe des Einkommens gemessen werden darf.
Überhaupt nicht Bescheid weiß ich in Bezug auf die Entwicklungsländer. Hier behauptet AJR ja ebenfalls eine Wohlstandssteigerung für alle.
Ohne wirklich Bescheid zu wissen, vermute ich, dass dies für einige Länder zutrifft (z.B. China) für andere wieder gar nicht (z.B. stark verschuldete Länder mit zunehmenden internationalen Schuldendienstverpflichtungen oder Länder in den vielen Kriegsgebieten.)
Von anderen Ländern wie Indien, habe ich die Info das es dort zum einen zwar auch mehr Reiche aber zum anderen auch mehr ganz Arme gibt als früher, die Schere zwischen arm und reich also stärker auseinandergeht.
für Deutschland vgl. auch den Armuts- und Reichtumsbericht:
http://www.bmas.de/portal/26742/property=pdf/dritter__armuts__und__reichtumsbericht.pdf (Abschnitt IV)
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat am Mittwoch seinen Armutsbericht für Deutschland vorgelegt. Das Ergebnis: Im Einkommensjahr 2008 waren 14 Prozent der Bevölkerung und damit 11,5 Millionen Menschen in Deutschland arm. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zum vorigen Jahr und vor allem: mit Schwankungen ein deutlicher Trend in den vergangenen 15 Jahren. Immer mehr Menschen in Deutschland sind arm, und immer weniger schaffen es, der Armutsfalle zu entkommen. „Aufwärtsmobilität aus der Armut heraus ist seltener geworden“, sagte Joachim Frick, einer der Autoren der Studie, zu FOCUS Online. Frick und sein Co-Autor Markus Grabka stellten eine „Verfestigung von Strukturen“ und zunehmende Ungleichheit fest: Immer mehr Menschen sind von Armut bedroht, wenige verdienen immer mehr, und die mittlere Einkommensklasse schrumpft.
Quelle: Armutsbericht: Forscher loben zielgerichtete Gaben - Armutsbericht - FOCUS Online