Dass es im Geschäftsleben ab einer gewissen Ebene mehr oder minder festgeschriebene Kleiderordnungen gibt, dürfte wohl kaum ernsthaft zur Diskussion stehen. Man schließt nun mal, zumindest in westlich geprägten Kulturkreisen, keine Millionengeschäfte in Jesuslatschen und wallenden Wickelkleidern aus dem Indialaden bei Tee und Räucherstäbchen ab. Mit der berühmten Chemie, die fraglos auch im Geschäftsleben eine wichtige Rolle spielen kann, hat das aber rein gar nichts zu tun. Diese Chemie, die darüber entscheidet, mit wem ich mich gut verstehe und mit wem nicht, orientiert sich an allem Möglichen, ganz sicher aber nicht wesentlich an den Kleidern, mit denen jemand zu punkten versucht.
Außerdem besteht das Geschäftsleben nun wahrlich nicht allein aus dem Sektor Verkauf (womit ich die Bedeutung des Verkaufs, an dem sich am Ende der ökonomische Erfolg wirtschaftlichen Handelns immerhin entscheidet, nicht schmälern möchte), so dass man schwerlich alle geschäftlichen Vorgänge allein auf das Verkaufsgespräch reduzieren kann. In diesem Zusammenhang relativiert sich auch der Hinweis auf das berühmte „Sex sells“. Ja, Sex spielt eine wichtige Rolle, allerdings nicht in Verhandlungen zwischen Geschäftspartnern, wobei ich ausdrücklich nicht verkenne, dass geschäftliche Besprechungen nach Erzielung befriedigender Ergebnis durchaus in langen Nächten in einschlägigen Etablissements enden können, allerdings in der Regel nur, wenn es sich um reine Männerrunden handelt. Das Motto „Sex sells“ stammt vielmehr aus der Werbung und zielt nicht auf die Geschäftspartner ab, sondern auf die entsprechend empfängliche Kundschaft.
Ich glaube auch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man Frauen ungestraft unterstellen durfte, zu einer Karriere allenfalls mittels Hochschlafen fähig zu sein (danke für diesen wundervollen Hinweis, Isuam). Ebenso gehe ich davon aus, dass insbesondere (aber nicht ausschließlich) junge, selbstbewusste Frauen nicht mehr in die Trickkiste der Rockkürze greifen müssen, um sich vermeintliche Vorteile am Arbeitsplatz zu verschaffen, dich sich spätestens beim Anwerfen der Gerüchteküche ohnehin leicht ins Gegenteil verkehren können. Genauso wenig darf man wohl ernsthaft davon ausgehen, dass die Sekretärin es darauf anlegt, den Chef flachzulegen und damit für den Rest ihres Lebens auszusorgen. Ausnahmen mögen da die Regel bestätigen, große Bedeutung möchte ich ihnen aber nicht beimessen.
Wie gesagt, Kleiderordnungen (mehr oder minder streng) existieren ganz sicher, ob sie aber zur Beeinflussung von geschäftlichen Beziehungen ernsthaft und vor allem erfolgreich gezielt eingesetzt werden, wage ich zu bezweifeln. Wenn ich mich ruinieren will, dann sicherlich nicht deshalb, weil eine Frau mir ihre Nylonbeine entgegengestreckt hat. So viel Verstand traue ich Männern in entsprechenden Positionen und den entsprechenden Kontrollinstanzen in den Unternehmen dann doch noch zu. Und dann die Sache mit den teuren Autos. Naja, ob so etwas wirklich Wirkung zeigt? Waren Frauen nicht irgendwie immer stolz darauf, dass sie ihre Männer gerade nicht nach solchen oberflächlichen Kriterien auswählen? Also ich kann mir jedenfalls nur schwer vorstellen, eine Frau mit der Exklusivität meines Fahrzeugs in den Bann zu ziehen (insbesondere, wenn das Gefährt sowieso im Eigentum der Bank oder Leasinggesellschaft steht). Ich kann mich da natürlich auch gewaltig irren ...