Also ich versteh schon, was Performer will: Den Nervenkitzel, die Aufregung, die Schmetterlinge im Bauch, wenn man sich einer Situation aussetzt, in der Mitmenschen erkennen koennen, dass man eine Strumpfhose traegt.
Wieviel Oeffentlichkeit (sowohl quantitativ als auch qualitativ) man braucht, wieviel bestrumpftes Bein man zeigen will und kann, diese Schwelle zwischen "Heimlichtragen" und "Oeffentlichtragen", die gerade noch den angenhemen Kick bringt, ohne ins (fuer einen selbst individuell) Peinliche umzukippen, die ist wohl fuer jeden an einer anderen Stelle der Outing-Skala. Wobei diese Kick-Stelle an der Skala die Tendenz hat, im Laufe der Zeit in Richtung "mehr Oeffentlichkeit" zu rutschen.
Ich kann's nur fuer mich selbst beantworten:
- Strumpfhosen tragen, dazu Tarnsocken, dann raus: Yep, das war auch mal fuer mich der absolute Tabubruch - denn was wuerde passieren, wenn ich in einen Unfall gerate oder mir auch nur das Hosenbein hochrutscht in der Oeffentlichkeit...
- Blickdichte Strumpfhosen tragen, ohne Tarnsocken: In dieser Stufe bin ich lang festgesteckt, und trotztdem hat's mir jedes Mal einen Kick gegeben. Ich denke mal, NIEMAND hat jemals gemerkt, dass ich keine duennen Socken, sondern eine blickdichte Strumpfhose anhatte...
- Transparente Strumpfhosen tragen, ohne Tarnsocken: Wow, das war fuer mich lange das Nonplusultra. Der aufregende Gedanke daran, dass schon in normaler Siztposition dieser schmale Streifen Feinstrumpfmaterial sichtbar wird, hat mir jahrelang genuegt. In diese Phase wurde ich auch schon mal etwas "mutiger": Bewusstes Hochrutschen-lassen in Situation, in denen nur (mir unbekannte!) Frauen anwesend waren, die dann manchmal wohl auch hinschauten, aber nichts sagten. Manchmal regressiere ich auch heute noch in diese Phase zurueck
Tja, und irgendwann reicht das auch nicht mehr. Ich bin jetzt in der Phase angelangt, in der ich (selten, aber doch hin und wieder) offen sichtbar Feinstrumpfhosen trage, allerdings IMMER in Situationen, in denen ich mir einrede, eine "Erklaerung" bereitzuhaben: Und das ist immer eine "sportliche" Erklaerung: Mit anderen Worten, ich trage nun hautfarbene Feinstrumpfhosen beim Joggen. Darueber eine oberschenkelkurze Lycra-Laufpant (die ich in der HERREN-Abteilung gekauft habe
sowie die uebliche Sportoberbekleidung. Jedermann kann meine bestrumpften Beine sehen. Das gefallt mir unheimlich gut, und dennoch - sollte jemals jemand was sagen - ich hab dann die "Sporterklaerung". Ob diese Erklaerung wissenschaftlichen Sinn macht oder nicht (ich glaube ja auch eher NICHT), ist aber im Grunde egal: Wenn ich sage, ich trage die Strumpfhose, um meine Performance zu verbessern, dann hat man das zu akzeptiern, so wie ich zu akzeptieren habe, wenn mir jemand mit pseudowissenschaftlichem Humbug wie Granderwasser, Auspendeln oder vielleicht gar Astrologie kommt.
So, ich hab also jetzt diesen Zustand erreicht: Oeffentlichkeit, Feinstrumpfhose, jeder kann's sehen; ich habe eine fuer mich aufregende Situation und fuehle mich trotzdem "sicher".
Wird es eine weitere Steigerung geben? Wohl kaum. Nur in Ausnahmesituationen. Beispiel: "Sich erwischen lassen" bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Feinstrumpfhose unter der Hose, Schuhe ausziehen, mit feinbestrumpften Fuessen durch die Kontrolle, Schuhe wieder an. Der Kick dauert max. 30 Sekunden, ist aber immer wieder sehr aufregend.
Wie gesagt, diese Grenzen zwischen dem, was man selber schon fad auf der einen Seite und noch undurchfuehrbar auf der anderen Seite erachtet, ist die schmale Zone, in der's Spass macht.
Diese Zone muss natuerlich jeder selber erkennen...