So, jetzt haben wir vier Männer mit einem geschwinden Umgang mit Strapsen.
Wie repräsentativ ist das zu sehen?
Ich vergleiche das mit einer Dampflok. Historisch gewachsen, irgendwie das Sinnbild für die Eisenbahn, technisch interessant, aber aufwändig und im täglichen Betrieb zu teuer.
Gehen wir noch einen Schritt zurück:
Waren nach dem zweiten Weltkrieg „echte" Nylonstrümpfe mit Naht, Hochferse und Lochrand das unverzichtbare Nonplusultra für eine ordentliche Frau. Wenn sie nicht vorhanden waren, wurde mit Stift und Farbe die Existenz vorgetäuscht.
Kaum kamen die nahtlosen Stümpfe auf, wollte keine Frau sich dem Diktat der Falten und der schiefsitzenden Naht unterwerfen. Aber diese Epoche war relativ kurz, dann kam die Feinstumpfhose.
Mag sie erst den Minirock möglich gemacht haben, es gab aber Mitte der 1960er –Jahre nicht nur die hier im Forum berüchtigten „Mädels". Sondern auch andere Frauen, sagen wir die Frauen 25+, bei denen der Rock am Knie zu Enden hatte. Meine Mutter (Jahrgang 1937) gehörte dazu. Von einem auf den anderen Tag ist sie ähnlich wie bei Samuel, völlig konvertiert, es gab keine Strümpfe mehr zu Hause, nur ein Hüfthalter überlebte in der hintersten Ecke im Keller, vermutlich übersehen.
Ich hatte den Eindruck, die Frauen dieser Generation wollten sich überbieten, wer als erste und am radikalsten umgeschwenkt war, es war ein häufiges Frauenthema, und überall waren in den Badezimmern oder draußen auf der Leine nur noch Strumpfhosen zum Trocknen aufgehängt zu sehen. Strümpfe waren fortan nur etwas für die Generation 65+, also die Oma-Generation, die heute längst ausgestorben ist.
Ich bin mir sicher, dass meine Mutter wie all die anderen konvertierten Frauen mit mehr als zehnjähriger Erfahrung routiniert im Befestigen ihrer Strümpfe war, und wenn man den wirtschaftlichen Aspekt hinzuzieht, eine Laufmache an einem Strumpfteil ist das Todesurteil für das andere intakte Beinteil , dann muss doch mehr an dem Siegeszug der Strumpfhose sein. Ich vermute, durch das Rundstrickverfahren konnten auch sehr elastische Fäden eingesetzt werden, was die "Pflicht" zum Tragen von Feinstrumpfwaren erträglicher machte.
Wenn Männer zu Straps und Strumpf greifen, dann kann das nur fetischistische Gründe haben, auch wenn sie vehement geleugnet werden. Wenn die Feinstrumpfhose bei den Frauen auf dem Rückzug ist, dann gibt es für die Vorläufer erst recht keinen Platz mehr, es sei den, eine Frau setzt sie bewusst als Waffe zur Paarungsbereitschaft ein. Aber ich denke, da müssen oft auch Halterlose herhalten, die fast so leicht, sprich ohne Gefummel, wie eine Strumpfhose anzuziehen sind (das Outdoortragen ist ein anderes Kapitel).
Vielleicht findet man deshalb in einem gut sortierten Super- und Drogeriemarkt höchstens Halterlose, seit der Aufgabe der Duft der Rose-Strümpfe bei Woolworth kann man doch nur unelastische Strümpfe zu Liebhaberpreisen im Internet kaufen, und bei dem Begriff "Liebhaber" ist der Begriff "Fetischist" nicht weit, klingt vielleicht nicht so negativ.