Hallo Krabat,
diese Stelle in deinem Beitrag regte mich zum Nachdenken an:
... sondern das es in anderen Partnerschaften ganz andere Wirklichkeitskonstruktionen und Rituale gibt. Deine Bilder und deine Meinung über Wunschzettel sind deine Bilder.
Aus zwei Gründen, zum einen, weil ich dem Konstruktivismus bisher eher reserviert gegenüber stehe und eher gern glauben mag, dass es eine gewisse Objektivität durchaus geben kann, zum anderen, weil ich hier einen Zusammenhang zwischen dem "Wunschzettel" und der Wirklichkeitskonstruktion herauszulesen glaube, die mir dann doch den Konstruktivismus verführerisch erscheinen lässt
Was ich meine, ist folgendes:
Wir alle schreiben ständig "Wunschzettel"; Nicht auf Papier, sondern in jeder Interaktion mit der Umwelt, innerlich. Wir wünschen uns das Essen so, den Nachmittag im Garten so, den Partner so, will heißen, wir gehen immer mit einem inneren Wunschzettel an die Welt heran.
Dummerweise (für meine gefühlsmäßige Ablehnung des Konstruktivismus) legt genau das nahe, dass wir uns damit eine (subjektive) Wirklichkeit konstruieren.
In einer Partnerschaft könnte man nun ganz simpel fragen, wie gut passen die Wunschzettel der beiden Partner zusammen?
Steht auf dem einen Lemmy Kilmister ganz oben unter dem Begriff Musik, bei dem anderen Anneliese Rothenberger, birgt das sicher Konfliktpotential. Trotzdem gibt es Partnerschaften, die auch solche Diskrepanzen "aushalten".
Naheliegend wäre also die Vermutung, dass eine Partnerschaft dann funktioniert, wenn die Menge der Überschneidungen auf den jeweiligen Wunschzetteln hinreichend groß ist, UND andererseits die Toleranz für die Diskrepanzen, die es zweifellos immer gibt, groß genug ist.
Und hier erwischt mich leider schon wieder die Stringenz des Konstruktivismus, denn diese "Toleranz" beruht ja letztlich auf einer subjektiven "Bewertung", die ihrerseits die subjektive Wirklichkeitskonstruktion prägt.
Entscheidend hierfür wäre ja beispielsweise wieder die Bewertung des Unterpunkts Musik auf meinem Wunschzettel...
Als wäre das alles nicht genug, um mich in gedankliche Kapitulation zu treiben und auf meinem inneren Wunschzettel "In einem Sessel sitzen, Rotwein trinken und auf einen unendlich weit entfernten Punkt sehen, ohne über konstruierte unendlich weit entfernte Punkte und deren Konsequenz für die seelische Gesundheit nachzudenken" in roter Schrift an erster Stelle erscheinen zu lassen, wirfst du hier auch noch das Wort "Rituale" in den gedanklichen Ring.
Es stellt sich mir die Frage, wie sich diese Rituale eigentlich bilden und welchen Zweck sie erfüllen, bzw. was sie meiner eigenen Wirklichkeit geben...
Ergeben sich die Rituale aus Interaktion, oder bringe ich die mit und verändere/verfeinere sie in der Interaktion?
Nun ja, spannendes Thema, vielleicht mach ich erstmal diese Sache mit dem Sessel und dem Punkt....
Beste Grüße
Adrian