Interessanter Artikel in der Welt, Erfahrungsbericht von Christian Seidel

Mutig, mutig! Wer verharrt hat schon verloren! Anpassen ist eben der Weg des gerinsten Wiederstandes. Wir alle leben von den Erfolgen weniger, von Minderheiten, Rebellen, Revoluzern und Quertreibern, doch wer ist sich dessen bewusst und wenn es im klar ist, wer hat auch noch selbst den Mut dazu. Schlauer sind wir meist erst lange danach. Danke all denen, welche sich trauten und trauen, ohne wirklich die Folgen zu kennen! Danke an all die jenen, welche mit Anstössen jeglicher Art Veränderungen oder zumindest den Gedanken daran ins Leben riefen! Die Masse ist "dumm", oder zumindest furchtbar angepasst. Sorry, klingt wie das Wort zum Sonntag! Kann nur sagen, hab mich heute nach Wochen mal wieder ganz enthaart und freue mich auf neue FSH´s, hohe Schuhe und andere schöne Dinge.
MLG cdefi
 
War ganz interessant auf N3, ziemlich zu Anfang hat er ganz stolz seine Nylons präsentiert:

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Gestern Abend kam der Beitrag "Christian & Christiane" auf Arte über ihn:

Video leider nicht mehr verfügbar.

Viele Grüße
Lycra3D
 
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Ich habe mir vorgestern den Film auf Arte angeschaut. Er hat mich in seinen Aussagen und Bildern eher verunsichert. Aber vermutlich hat jeder seinen eigenen, sehr subjektiven Fetisch.


Ich trage gerne Feinstrumpfhosen, weil ich das Gefühl an den Beinen liebe. In der jetzt kalten Jahreszeit trage ich Feinstrumpfhosen auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, allerdings unter meiner Oberbekleidung und auch im Wissen meiner Frau, die jedoch nicht unbedingt begeistert ist.

Allerdings habe ich permanent das Bedürfnis, die Feinstrumpfhosen offen zu tragen und zu zeigen. Hier dürfte tatsächlich mein Fetisch beginnen, weil der von mir angestrebte Tabubruche ja letztlich voraussetzt, das mindestens gefühltes Verbot „Ein Junge oder Mann trägt keine Strumpfhosen!“ zu überschreiten. Das Tragen eines Rockes wäre für mich die Möglichkeit, Feinstrumpfhosen offen tragen zu können.

Eine Frau möchte ich deshalb aber nicht werden, ich möchte auch keine künstlichen Brüste, keinen BH, keine langen Haare und mich auch nicht schminken. Mir würde es reichen, ab und an als Mann einen Rock mit Strumpfhosen offen zu tragen – als Teil meiner ansonsten männlichen Kleidung. Natürlich kann ich dies auch jetzt tun, ohne strafrechtlich belangt zu werden, müsste aber vermutlich mit spürbaren beruflichen und gesellschaftlichen, vielleicht auch familiären Konsequenzen rechnen.

Ich finde das „Projekt“ von Christian Seidel deshalb grundsätzlich sehr mutig, weil er sich ja auch einer gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt hat, wie es der Film sehr deutlich berichtet, was aber vermutlich in einem künstlerischen Umfeld noch einigermaßen zu ertragen ist. Zweifel habe ich aber, ob Christian Seidel das Ziel des Projektes, sich in die Rolle und Situation einer Frau hineinzuversetzen, nicht doch vorschiebt, um für das Ausleben seines Transvestismus oder seines Fetisch eine Begründung zu haben.

Ich glaube nicht, dass man als Mann, nur weil man Frauenkleidung trägt und sich dem äußeren Bild einer Frau optisch angenähert hat, tatsächlich dem Befinden, den Problemen und gesellschaftlichen Zwängen einer „echten“ Frau nahe kommt. Ich glaube, dass Männer, die anstelle ihrer Ehefrauen die Kinder aufziehen und die Hausfrauenrolle übernehmen oder Männer in vermeintlichen Frauenberufen, wie Schreibkraft oder Arzthelferin, vermutlich der Situation von Frauen in wirtschaftlicher Abhängigkeit und Unterordnung näher kommen. Auch wenn für Frauen mehr Freiheiten in der Mode und Kleidung bestehen, gelten doch auch wieder andere Zwänge für sie. Beispielsweise beobachte ich selbst bei Frauen, die beruflich eine sehr dominante Rolle ausfüllen, dass sie sich in der Familie dem Ehemann eher unterordnen und ihm eine vermeintliche Führungsrolle überlassen, selbst wenn er kann nicht unbedingt führen möchte. Interessant wäre natürlich eine Erweiterung des Experiments, wenn ein Mann in einem Frauenberuf auch die weibliche Kleidung übernimmt und vollständig in der Frauenrolle aufgeht.

Christians Verwandlung in Christiane fand ich zwar durchaus optisch gelungen, wobei - wäre mir Christiane im Straßenbild begegnet – glaube ich durchaus bewusst gewesen wäre, es mit einem biologischen Mann zu tun zu haben. Bei der überdurchschnittlichen Körpergröße von Christian Seidel und Schuhen mit hohen Absätzen dürfte es kaum gelingen, keine Aufmerksamkeit zu erregen und in der femininen Kleidung in die Damenwelt quasi einzutauchen.

Inka Schneider sagte in ihrer Sendung Das in Nord III, dass das Projekt und das Buch von Christian Seidel in den letzten Wochen viel Aufmerksamkeit in erfahren hätten. Das hoffe ich auch. Vielleicht kommt bei dieser Diskussion ja ein offenerer Umgang mit den Geschlechterrollen heraus und ich kann bald anstelle einer Hose auch einen Rock mit Feinstrumpfhose anzuziehen. Ich würde es mir wünschen.

Mit besten Grüßen
Oscar
 
> Ich habe mir vorgestern den Film auf Arte angeschaut. Er hat mich
> in seinen Aussagen und Bildern eher verunsichert. Aber vermutlich
nicht notwendig :) jeder ist anders.

> unter meiner Oberbekleidung und auch im Wissen meiner Frau, die
> jedoch nicht unbedingt begeistert ist.
a) ok b) schade.

> Allerdings habe ich permanent das Bedürfnis, die Feinstrumpfhosen
> offen zu tragen und zu zeigen. Hier dürfte tatsächlich mein Fetisch
wenn man etwas mag, aber nicht zeigen zu dürfen vermeint, kann man das gefühl von "zwang" haben. in wahrheit ist es ein bedauern, etwas nicht tun zu können, was man als gut erkannt hat.

> Das Tragen eines Rockes wäre für mich die Möglichkeit,
> Feinstrumpfhosen offen tragen zu können.
genau :)

> Eine Frau möchte ich deshalb aber nicht werden, ich möchte auch
> keine künstlichen Brüste, keinen BH, keine langen Haare und mich
ich auch nicht -- ich möchte ich selbst sein. was keine abgrenzung von frauen ist, sondern eher vom starren männerbild, aber ohne ins gegenteil zu kippen.

> als Mann einen Rock mit Strumpfhosen offen zu tragen – als Teil
> meiner ansonsten männlichen Kleidung. Natürlich kann ich dies
> auch jetzt tun, ohne strafrechtlich belangt zu werden, müsste
> aber vermutlich mit spürbaren beruflichen und gesellschaftlichen,
> vielleicht auch familiären Konsequenzen rechnen.
ich hab's gemacht, und es haben sich so gut wie keine "konsequenzen" ergeben. ganz im gegenteil, die zustimmung überwiegt massiv. natürlich werden sich die dummen leute, die einen einmal wo sehen, niemals daran gewöhnen. damit muß man leben :) es ist sozusagen nur eine wahrheit, wenn sich seidel unter fußballfans aufhält. aber ich finde es gut, daß er diesen alltagsfaschismus zeigt.

> Ich finde das „Projekt“ von Christian Seidel deshalb grundsätzlich
> sehr mutig, weil er sich ja auch einer gesellschaftlichen Ächtung
ich weiß nicht, ob er mutig ist, jedenfalls hat er die sache medial verarbeitet und "wir" haben dadurch presse.

> ob Christian Seidel das Ziel des Projektes, sich in die Rolle und
> Situation einer Frau hineinzuversetzen, nicht doch vorschiebt, um
> für das Ausleben seines Transvestismus oder seines Fetisch eine
> Begründung zu haben.
ja und nein. a) sicher ist er "wie wir". b) ich habe sofort die formulierung "weder schwul noch transvestit" sehr schlecht gefunden. somit ist er ein cooler mann, der sich was traut, wir anderen aber immer noch perverse ... es ist aber umgekehrt: wir alle sind "normal" und bei verstand, wir haben lediglich erkannt, daß die behauptung, strumpfhosen würden nur frauen gefallen, nicht stimmt :) uns gefallen sie auch, so wie dem seidel.
ich finde es unnötig vom seidel, daß er sich eine perücke aufsetzt und einen busen reinstopft. damit geht rock und strumpfhose also doch wieder nur mit einem bestimmten geschlecht zusammen ... also haben wir die stereotypie noch nicht verlassen.

> Ich glaube nicht, dass man als Mann, nur weil man Frauenkleidung
> trägt und sich dem äußeren Bild einer Frau optisch angenähert hat,
> tatsächlich dem Befinden, den Problemen und gesellschaftlichen
> Zwängen einer „echten“ Frau nahe kommt.
ein bißchen schon. man erlebt, wie es ist, wenn man von männern ungeniert angestarrt und sexuell abgeschätzt wird. das erlebt jede frau auch.

> Auch wenn für Frauen mehr Freiheiten in der Mode und Kleidung
> bestehen, gelten doch auch wieder andere Zwänge für sie.
natürlich. sie werden genauso diskriminiert wie transvestiten. man ist das nur so gewöhnt, daß man es buchstäblich nicht bemerkt. es bedarf immer langer beweisführung, daß das jemand zu sehen lernt.

> die beruflich eine sehr dominante Rolle ausfüllen, dass sie sich
> in der Familie dem Ehemann eher unterordnen und ihm eine
> vermeintliche Führungsrolle überlassen, selbst wenn er kann
die stereotypen muster, "wie die dinge sind", sind grundlegend für unser weltverständnis. deshalb fällt dies den meisten menschen gar nicht auf -- weder männern noch frauen. man tut also auch nachteilige dinge -- wenn man gar nicht weiß, daß es eine alternative gibt. so diskriminieren sich natürlich auch frauen selbst. die stereotypen vorstellungen und erwartungen an andere engen den blick ein und erlauben nur noch eine bestimmte interpretation der dinge. deshalb zucken die leute zusammen, wenn dinge nicht "zusammenpassen". zusammenpassen ist also ein vorurteil, keine objektive wahrheit.

> es mit einem biologischen Mann zu tun zu haben. Bei der
aber das macht nichts. die ablehnung, die ein mann in frauenkleidung erfährt, ist nichts anderes als der sonst zurückgehaltene, aber präsente haß (und die lust) auf die frauen. um das tragen weiblicher kleidung für "schlecht" zu halten, müssen frauen selbst "schlecht" sein. somit beweist auch seidel, so wie wir alle, ständig den gender-rassismus einer großen zahl von menschen. derer, die uns verächtlich ansehen.

genaugenommen sind alle menschen "fetischisten", weil sie bestimmten kleidungsstücken ein geschlecht geben. somit ist dieses "ding" wichtiger für sie als das, was darunter steckt. unlängst hat sich ein kollege mehrmals über den sex-appeal meiner lila strumpfhose geäußert, bis ich ihm gesagt habe, er scheine ein fetischist zu sein, da er von dem ding so sehr vereinnahmt sei, obwohl doch ICH drinstecke :-D das hat ihn sichtbar nachdenklich gemacht: das ist wahr. für mich paßte es nur zu meinem lila outfit, so wie es bei jeder frau der fall ist. die farbe ist nur eine farbe -- oder evoziert gleich erotik und attraktivität ...

> Vielleicht kommt bei dieser Diskussion ja ein offenerer Umgang
> mit den Geschlechterrollen heraus und ich kann bald anstelle
das ist das gute daran.

> einer Hose auch einen Rock mit Feinstrumpfhose anzuziehen. Ich
> würde es mir wünschen.
das wahre hindernis liegt in dir selbst. du mußt selbst dahin kommen -- die anderen leute sind kein hindernis. wenn du bereit bist, gehst du raus. nach ein paar anfangsängsten ist alles gut. immer freundlich bleiben.

lg p.
 
Ich fand den Film auch sehr interessant, frage mich aber, ob der schlußendliche "Abschied" von Christiane dann nicht doch den Rückfall in die alten Rollen bedeutet, also dann letztlich ein Scheitern des Projekts? Als Nutzen bleibt dann immerhin der Hinweis auf die weiblichen Seiten im Mann (Auch wenn mir die Begründung "Männer werden von Frauen geboren" dann doch etwas vordergründig erscheint.) und auf die prinzipielle Problematik der Geschlechterrollen und -klischees. Nicht verschweigen will ich meinen Endruck, dass leider neue Klischees, nämlich das des Machogehabes aller Männer, der Unfähgikeit von Männern, über Gefühle zu sprechen, die mangelnde Empathiefähigkeit der Männer etc. aufgegriffen und betont wurden.

Die Nylons trägt Hr. Seidel weiterhin, zumindest bei seinen Fernsehauftritten, aber trotzdem nur unter Tarnsocken. Was seine wahren Beweggründe sind und inwieweit er "einer von uns" ist (eh schon eine problematische Typisierung, da wir hier ein äußerst breites Spektrum repräsentieren) kann niemand sagen, der nicht Gedanken lesen kann. Das soll aber weder den aus meiner Sicht guten Film, noch die Leistung von Hr. Seidel niedermachen.

Frage am Rande, vielleicht kennt sich da jemand von Euch aus: Wie entsteht so ein Film. Sind die Szenen (Kauf der Brüste, Auftritt am Ticketschalter u.s.w.) "nachgestellt" oder war die Kamera mehr oder weniger von Anfang an dabei?
 
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