Ich finde die Abfolge der letzten Beiträge in einiger Hinsicht symptomatisch. Intellektuell gesehen ein positives Aha-Erlebnis, menschlich ernüchternd. Dabei möchte ich zorner im Grunde zustimmen, doch welchen Kontext meinte er? Danach schlummerte in mir das Bild von 9jährigen Schulmädchen, die irgendwo in Deutschland nuttig gekleidet zur Schule gehen und das auch noch gut finden. Was mich sehr wunderte und ich blätterte zurück.
Aha. Tatsächlich handelte es sich um *16jährige und sie hatten lediglich kurze Kleider und Strumpfhosen an. Von Nuttigkeit eigentlich keine Spur. Es war auch nirgends zu lesen, daß sie sich nicht trotzdem um den Unterricht gekümmert hätten....
Symptomatisch ist das, weil daraus so viel modern correctness spricht. Wir unterliegen ihr ja alle irgendwie, aber man sollte gegensteuern. Seit Ende der 80ger haben wir die Zunahme der schönen Farbe schwarz in der Kleidung, obwohl es ja gar keine Farbe ist. Wir erleben die Neutralisierung der Weiblichkeit, zunehmende Lebensängste und Bewahrungsdenken, Zunahme von Elfenbeintürmen jeder Art. Gleichzeitig eine Ikonisierung und Vergottung von Kleinkindern, was insgesamt daran liegen mag, daß die Deutschen mit Ihnen und dem Leben immer weniger zu tun haben. Stagnation und Regression. Mittlerweile muß man sich davor hüten, eine Frau mit Röcken in Verbindung zu bringen und die Frau selbst praktiziert es so correct, daß sie sich wohl in die Zeit zurücksehnt, als sie noch keine war. Und trotz aller Verbreitung von öffentlicher Sexualität, tatsächlich empfindet es nicht nur die Frau inzwischen als nuttig, wenn von ihr auch nur ein geringer erotischer Reiz abstrahlt (und ich bestätige: ja, sie rasiert sich Ewigkeiten die Beine und danach landen sie für immer unter der langen Jeans).
Dabei, solange es Menschen gibt, man wird es nicht vermeiden können, daß sie einander als erotische Subjekte erleben. Will man das konsequent vermeiden - und mir scheint, das löst ja bei vielen zusehends Angst aus - dann landet man bei der Frau in Vollverschleierung und Burka. In jedem Fall entfernt man sich vom aufregenden, bunten und, warum nicht, erotischen Leben. Was es ja auch noch gibt, jenseits aller Befürchtungen, Ängste, Zwänge, Eifersüchte und Verhütungen.
Mit etwa 7 Jahren war ich auf einem Kindergeburtstag von zwei Spielkameradinnen. Wir saßen am Tisch auf einer Bank und auf einmal sagte eine, schau mal was wir anhaben. Dann hoben beide den Rock und zeigten mir ihre neuen hautfarbenen Feinstrumpfhosen. Gegenüber saß die Mutter und lächelte stolz dazu. Ich konnte damit freilich nicht viel anfangen, aber wir dachten uns alle nichts Arges dabei. Dann erschienen sie zur Kommunion wieder in kurzem Rock und weißen Strumpfhosen - wie sie größer wurden nahm das dann allerdings immer weiter ab und irgendwann regierten Jeans und Parka. Ich denke auch, es nimmt ganz einfach die Fähigkeit der Gesellschaft ab, mit derartigen Reizen vernünftig umzugehen bzw. man wird wohl einfach zu faul dazu und findet flugs tausend Rechtfertigungen.
Ja, da ist Emotionsarbeit nötig, wenn man als Mann 16jährige in kurzen Rücken und Strumpfhosen sieht. Man darf deshalb nicht gleich über sie herfallen. Davon abgesehen - mit 16 ist man nun echt schon fast erwachsen und je nach Kultur sind die Altersgrenzen auch ganz unterschiedlich. Man darf nicht über sie herfallen und ich denke man darf in solchen durchaus harmlosen Fällen den Fehler auch nicht bei der Frau suchen und sie als Nutte oder ihren Aufzug als nuttig bezeichnen. Damit diskreditiert man letztlich große Bereiche des Lebens und macht es den Frauen im übrigen unmöglich, anders als Neutralisiert herumzulaufen.
Grüße
Musketier