was wäre wenn....

Ich glaube, dass die Angelegenheit weitaus komplizierter ist, als es zunächst den Anschein hat. Nach meiner Beobachtung kann man nämlich nicht davon ausgehen, dass es immer ein klares "Entweder - Oder" gibt.
Vielleicht auch deshalb tue ich mich so schwer in "meinem" und dem angrenzenden Landkreis hier einen Psychotherapeuten zu finden der auch Patienten in Sachen Transsexualität behandelt. Ich bin mir aber sicher, dass es mehr von meiner "Sorte" gibt hier als öffentlich bekannt, nur trauen die sich,warum auch immer, nicht so sich zu stehen.

Das heißt, schon der Weg zur Erkenntnis, was denn nun eigentlich überwiegt, ist schon recht steinig und führt nicht zwingend zu einem klaren Ergebnis.
Bei mir war die Erkenntniss, dass mit mir "was nicht stimmt" schon sehr früh klar (vor Beginn der Pubertät), nur bis ich soweit war, das zumindest mal "Halböffentlich" zu machen, das hat Jahrzehnte gedauert

Dabei wird der Leidensdruck des Betroffenen vermutlich umso größer, je weiter er sich in seinem Empfinden von seinem biologischen Geschlecht entfernt.
Das mit dem Leidensdruck muss ich leider unterstreichen, denn gerade weil es für "normale" Menschen nur eindeutig Mann bzw. eindeutig Frau gibt werden wir als pervers bzw. geistig verwirrt eingestuft und sollten nach denen ihrer Meinung "in die Geschlossene". Nur warum, wir sind doch auch ganz normale Menschen wie die anderen auch! Aber trotzdem werden wir als gefährlich angesehen.


Allerdings glaube ich, dass es ein ziemlcih schwieriger und weiter Weg ist, überhaupt zu solch einer klaren Erkenntnis zu gelangen. Manchmal spielt uns nämlich unser eigenes Gefühlsleben üble Streiche und lässt uns Dinge glauben, die sich am Ende nicht bewahrheiten. Insofern halte ich es persönlich für richtig, dass es für Transsexuelle bestimmte gesetzliche Auflagen wie psychologische Beratungen und "Probezeiten" gibt, bevor unwiderrufliche Maßnahmen durchgeführt werden. Selbstverständlich darf das nicht so weit gehen, dass daraus ein nicht zu bewältigender Spießrutenlauf wird, der Menschen seelisch und wirtschaftlich ruiniert.
Auch ich bin voll und ganz dafür, dass uns, so blöd es sich anhört, diese Hürden in den Weg gestellt werden. Denn wäre dies nicht der Fall, wieviel "komische" Gestallten würde es geben. Die, nur weil ihnen gerade mal "danach" ist, sich mal eben dem anderen Geschlecht "zuoperieren" lassen. Nur sind diese endgültigen Op's gemacht gibt es kein zurück mehr. Gerde deshalb finde ich es als sinnvoll, dass am Anfang erst einmal psychologische Gespräche stattfinden müssen. Über die Anzahl der Sitzungen lässt sich selbstverständlich streiten. Es sollten natürlich schon soviele sein, dass sich der/die Psychotherapeut/in ein sicheres Urteil mit dem Ergebniss er/sie ist TI erlauben kann.
Nur soll man hier natürlich aufpassen, dass man auch an wirkliche Spezialisten kommt, und nicht an solche, die versuchen einem in einer Art Gehirnwäsche die TI auszureden. (Soll es auch geben!)

Auch dass es eine Art "Probezeit" offiziell heißt dies Alltagstest gibt, finde ich als 100% richtig. Denn es stellt schon einen riesen Unterschied dar, ob ich "in der Sicherheit der 4 Wände" als Frau "lebe" wo einem niemand sieht, oder ob man, in meinem Fall, als Frau, "raus gehen muss" und ein solches Leben führen muss. (Denn schließlich will man das ja später einmal). Und zum wirtschaftlichen Ruin: Gerade deshalb bin ich ja (wegen meines "Einkommens") dringend auf der Suche nach einem Ersatz für meine momentane Psychologin. Denn auf Dauer kann ich mir die Fahrten zu ihr nicht leisten (auch nicht mit der Bahn). Sollte ich wirklich mal das Elternhaus verlassen und umziehen, da kommen dann selbstverständlich Kosten auf mich zu, die ich jetzt nicht habe, weil diese von meinen Eltern getragen werden, oder nur gering dazuzahlen muss. Weshalb dann selbst ein Bahnticket (wie es mir empfohlen wurde) schon sehr teuer kommen würde. Denn dann habe ich für mich die Entscheidung getroffen: Bevor mein letzter Ct draufgeht, lebe ich dann doch dieses Leben weiter. Es hat mir zwar sehr sehr weh getan, und würde es dann noch mehr wehtun (gerade weil ich schon "auf dem Weg" war), aber ich kann mir zumindest noch das eine oder andere billige leisten. Denn was hilft es mir, wenn ich am Ende zwar eine Frau wäre (mit allem Pi-Pa-Po) aber auf meinem Kontoauszug die Zahlen nicht mehr im Haben, sondern im Soll stehen? Bin ich dann glücklicher?


Übrigens finde ich, dass zu solch einem Schritt viel mehr Mut gehört als zu dem gerne bewunderten öffentlichen Tragen von Strumpfhosen, das nur am Rande, weil ich Menschen wie Christina auch deshalb tiefen Respekt zolle.
Irgenwo anders habe ich es schon mal erwähnt: Seit ich mit gewissen Leuten geoutet und den Weg begonnen habe, ist bei mir das "unbedingte Verlangen" bei jeder sich bietenden Gelegenheit umzuziehen zurück gegangen. Ganz einfach: Weil sich das frausein nicht auf die Kleidung reduzieren lässt. Es ist das Leben als Frau an sich, mit allen Vor- und Nachteilen. Sicher, wenn ich zum. mal soweit sein sollte wie die Christina, dann würde ich auch als Frau durchaus mal eine Hose (ohne Strumpfhose) anziehen und einen normalen Pulli (im Winter). Denn es geht um das Gefühl als Frau anerkannt und akzeptiert zu werden.

P.S: Ich weiß, wieder zu lang, dabei habe ich nicht mal die Hälfte dessen geschrieben, was ich eigentlich dazu hätte sagen wollen ... :eek:
Deine Beiträge sind nie zu lang, ganz im Gegenteil. Gerade weil du so schön formulieren kannst, kommen mir die Beiträge beim Lesen als sehr kurz vor.

Yvonne
 
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