Da sich ja meine Erinnerungen sich so ziemlich mit denen von relax decken, hier noch ein paar Gedanken zur Geschichte des Siegeszuges.
Dazu muss ich aber ein wenig weiter ausholen (was für mich ja eigentlich kein Problem sein sollte):
Ich denke, in den 50 und 60er war Nylon etwas Besonderes und ging mit der Geschlechtsreife einher, sprich, der „Backfisch" hat seinen altersbedingten Bewegungsdrang abgelegt und auch in der Lage war, dem doch sehr teures Garn dem Preis entsprechend eine erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Jedenfalls war es ein Meilenstein in Richtung der ersehnten Welt der Erwachsenen, was man durch das Ablegen der Kinderkleidung nach außen demonstrieren konnte, so wie sich die Raupe zum Schmetterling wandelt und damit das weitere Leben vorgegeben ist.
Aber dann kam erst die Feinstrumpfhose und noch viel wichtiger, die lange Hose und einschließlich der Jeans. War die Feinstrumpfhose schon praktischer als das Gefummel mit Strumpfhalten und was noch dazugehört, die Hosenmode brachte nichts als Vorteile, zum Beispiel keine Schweißfüße durch die Synthetik am Fuß, es war viel wärmer untenrum, selbst in den Schuhen konnte man dickere Socken anziehen ohne das es auffiel, man konnte sich hinsetzen wie man wollte und so weiter.
Gerade bei Jugendlichen war es interessant, man konnte sich gleichzeitig von der Kinderkleidung, aber auch von den spießigen Erwachsenen absetzen.
Jedenfalls ergab es keinen Sinn, unter der Jeans eine 20 Den Feinstrumpfhose anzuziehen, und eine dicke Strickstrumpfhose bringt auch nicht viel Sinn, wenn man den überwiegenden Teil in geheizter Umgebung wie Wohnung, Schule, Büro und so weiter hockt.
Wenn sich so eine Abneigung generell gegen Feinstrumpfwaren entwickelt hat, dann dauert es halt auch länger bis diese Ressentiments bei einer geeigneten Strumpfhose angebaut werden.
Auch denke ich das zunächst die blickdichten Feinstrumpfhosen von der jüngeren Generation entdeckt worden ist, die keine direkten Berührung mit 20 Den in Hauttönen hatten oder das nur etwas für Feierlichkeiten war, aber da tat sich ja ein neues Feld auf, was es eigentlich vorher nicht gab, aber auch nichts mit den Kinderstrumpfhosen gemein hatte.
So denke ich dass im Gefolge des Jugendwahns der Altersdurchschnitt der Trägerrinnen kontinuierlich nach oben ging.
Ferner kam hinzu, dass zwar bei der Einführung der Feinstrumpfhosen auch mit außergewöhnlichen Farben experimentiert wurde, die sich aber nicht durchsetzen konnten. Aber so Mitte der 80er setzte sich durch, dass schwarze Feinstrumpfhosen nicht nur wie zuvor für Beerdigungen und Trauertragen bestimmt waren, sondern sich gleichberechtigt neben den Hauttönen etablieren konnten.
Eine blickdichte hautfarbene Feinstrumpfhose hatte doch den Stallgeruch von Altersheim und für viele potentielle Trägerinnen damit untragbar. Mit Schwarz sah die Welt schon anders aus, hier ging es nicht die Natur ziemlich mager zu kopieren, sondern farblich ein Signal zu setzen, und schwarz geht immer.
Einen weiteren Aspekt möchte ich nicht unbeachtet lassen: Vielleich haben auch die überwiegend schwarzen Leggins beim Siegeszug der blickdichten Feinstrumpfhosen beigetragen. Schließlich ist es auch möglich dass festgestellt wurde, hier gibt es eine Alternative zu Rock und Feinstrumpfhose, in der man überwiegend nicht frieren sollte. Ich denke, da ist der Schritt zur blickdichten Strumpfhose nicht weit, so wie umgekehrt nicht auszuschließen ist, dass heutzutage statt einer Strumpfhose Leggins mit mit Socken zu Rock und Stiefel(letten) getragen wird.
Ein weiterer Brandbeschleuniger für den Siegeszug der Blickdichten ist für mich der sit über 10 Jahren, nun langsam abflachenden Trend, längerschaftige Stiefel über die Hose anzuziehen. Die Hosen waren schon da, die Anschaffung von Stiefeln, wenn nicht schon vorhanden, ist ja eine nicht einem ständigen Wandel unterliegende Anschaffung, kann man ja immer mal gebrauchen.
Da liegt es doch auch nahe, die Stiefel mit einer blickdichen Strumpfhose zu kombinieren, stellt sich das als Flop raus, wird man die Fehlinvestition Strumpfhose schon leichter verkraften, auch wenn sie nur noch zum Fensterputzen dient.
Umgekehrt glaube ich nicht, dass eine Frau zu einer vorhandenen Strumpfhose sich die passenden Stiefel kauft.
Noch ein anderer Punkt für die Blickdichten ist die Tatsache, dass sie halt blickdicht sind, also für eine "ungeübte" Trägein im Rock geeignet sind. Kein Blick auf den Zwickel und vor allem den Slip darunter, also im Sitzen und erst recht nichts für den Rolltreppenspanner.
Hinzu kommt in aller Regel auch bei einer blickdichten Strumpfhose kein unterschiedliches Höschenteil, was unter den Shorts oder kurzen Rock hervorlugt. Das es dünne Feinstrumpfhosen ohne verstärktes Höschenteil gibt scheint sich bei so manchen Frauen noch nicht rumgesprochen haben.
Hinzu kommt die weitaus höhere Haltbarkeit, man kann sich unbeschwerter bewegen ohne die Angst, irgendwo mit der Folge der Laufmasche anzuecken oder schon beim ersten Anziehen die Strumpfhose entsorgen zu müssen.
Sicher gibt es Stimmen, meine Nachbarin geht beim Kauf von Feinstrumpfhosen niemals über 15 Den hinaus oder im Rock, 20 Den Feinstrumpfhose und Stiefeln friert man auch im Winter nicht, aber das sind Einzelbetrachtungen.
Vielleicht war auch die Zeitspanne zwischen immer stärker einsetzenden Talfahrt der 20 Den Feinstrumpfhose und dem Aufkommen der mehrheitlich schwarzen blickdichten Strumpfhosen nötig, um eine gefühlte Distanz herzustellen. Danach gab es einen Schneeballeffekt, klein begonnen und danach immer größer werdend, ohne das viele abgesprungen sind.
Es sind halt meine vielleicht unsortierten Gedanken zu dem von Paule aufgeworfenen Thema, ohne Anspruch auf Richtigkeit, Vollständigkeit und tatsächlicher zeitlichen Einordnung. Ich bin gerne bereit zu dem Thema etwas dazuzulernen, weil oder obwohl blickdichte Feinstrumpfhosen persönlich nicht mein Ding sind.