Mut zur Hässlichkeit?

Skin Ego

Stammmitglied
Registriert
8 Dezember 2024
Beiträge
167
Ort
Bielefeld
Geschlecht
männlich
Ich habe in den letzten Wochen wieder begonnen, Frauenschuhe (Ballerinas) und blickdichte Strumpfhosen, auch zu Shorts, in der Öffentlichkeit zu tragen. Niemals in der Nähe des Wohnortes - das ist mir hier im Dorf nach wie vor zu heikel. Aber ich habe die Gelegenheiten genutzt, wenn ich z.B. wandern war (Shorts + Strumpfhosen + Wanderstiefel) oder wenn ich durch Deutschland gereist bin. Ich wurde angeschaut, vereinzelt auch richtiggehend gemustert und ganz vereinzelt angestarrt, aber es ist nichts passiert - ich wurde insbesondere nicht verbal oder körperlich attackiert, und das ist mir das wichtigste.

Tatsächlich habe ich zu Hause auch begonnen, sporadisch kurze bis mittellange Röcke zu tragen, und ich könnte mir vorstellen, so auch draußen unterwegs zu sein, z.B. mit Unisex-Sneakers dazu. Ab dem Bauch abwärts sieht das gar nicht so übel aus, bei meiner Taille (W29) und den schlanken Beinen, nur die Füße sind mit Größe 42 ein bisschen groß, aber da geht es schon los: an was messe ich mich? Und oben rum bin ich ein Mann jenseits der 50, und das ist natürlich ein krasser Kontrast zum Rest. Also: wer mich anstarrt, tut das mit gutem Grund, ich würde das keinem verübeln.

Ich hatte schon überlegt, dass es einfacher ist, wenn man sich komplett als Frau kleidet, also z.B. auch mit Perücke und was noch dazu gehört. Selbst wenn man es noch so "schlecht" macht: die Leute haben dann ne Schublade. "Ah, das ist einer, der sich als Frau fühlt. Kenn ich. Ist ja in den Medien. Ist heutzutage nix neues mehr." Für einen Mann (mit schütterem grauem Haar), der Rock und Strumpfhose trägt, gibt es dagegen keine Schublade. So was ist nicht in den Medien. Das irritiert extrem! Aber soll ich mich jetzt ernsthaft verkleiden, wenn ich gar keine Lust darauf habe? Ich will mich nicht verkleiden - ich will mich kleiden, das ist alles, und zwar so, wie es mir gefällt.

Eine Lösung für das Dilemma hab ich nicht. Außer vielleicht einer Art Losung: "Mut zur Hässlichkeit". (Dabei ist "Hässlichkeit" tatsächlich nicht im Sinne von "hässlich" gemeint). Bedeuten tut es für mich folgendes: es ist eine Absage an die Maßstäbe, die jeder von uns von Kind auf gelernt hat. Und damit meine ich keine modischen Maßstäbe, und auch keine, die mit Rollenbildern zu tun haben, sondern das findet auf einer anderen Ebene statt. Der Maßstab würde lauten: "Wenn ich nicht gut aussehe, dann wird alles ganz schlimm", oder so. Definiere "gut". Selbst wenn man noch so sehr in der Norm bleibt, ist das alles Geschmackssache. Aber ich denke, jeder hat für sich selbst eine Vorstellung davon, was "gut" für ihn bedeutet.

Wenn ich mir sage: das Aussehen ist zwar eine Kategorie, aber sie ist nicht so wichtig wie andere Kategorien, z.B. mein persönliches mich-wohl-fühlen, dann macht mich das ein bisschen frei. Ich bin dann ein Mann mit schütterem grauem Haar, und ich trage Shorts und Strumpfhose. Ich sehe echt ganz schön schräg aus. (Ich sehe viel schräger aus als alle anderen Menschen, die ich in den letzten 3 Monaten irgendwo gesehen habe.) Viele werden mich hässlich finden. Und an der Stelle gilt es vielleicht, Mut zu fassen: den Mut, echt schräg auszusehen und von anderen hässlich gefunden zu werden - und trotzdem da zu sein.

Mir muten andere das auch zu. Meine Güte, was für hässliche Schuhe manche Leute tragen. Was für hässliches Make-Up es doch gibt, oder Hairstyles, oder was für riesengroße Füße bei anderen jeden Geschlechts. Die sehen so aus, die dürfen das. Ich darf es auch.

Klingt jetzt alles verflixt überzeugt. Natürlich bin ich nach wie vor total unsicher in dem ganzen. Aber ich bin an der Stelle gerade unterwegs. Mal schauen, was noch so kommt und welche Erfahrungen ich sammeln darf.
 
Da gibt es hier aber etliche, die als oben Mann und unten Frau herum laufen.

Der hier z.B.

Genau.... für mich zählt. Klamotten haben keine gender. Ich trager das was ich will.
Strumpfhosen täglich sichtbar.
Ich frage auch vorher die nachbaren nicht ob ich das darf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir war nach meinem Auszug von meiner kleinen Familie (Ex + Nachwuchs) Sommer 1993 egal, wie ich aussah (schlanker als jetzt). So war ich von 1993-1999 mit Halbglatze und Vollbart en femme in Berlin unterwegs (2x Türken-Ärger abends).
Ab dann bis 2009 nur noch mit Perücke ohne Bart voll en femme draußen. Das ging gut. Aber dann bei steigender Körperfülle seitdem nur noch in der Wohnung en femme (mit Blicken von Nachbarn Ost-und Westseite gegenüber).
 
Mut zu Hässlichkeit würde ich gerne ersetzen durch: Mut zum eigenen Stil.

Dazu bedarf es sicherlich etwas Kreativität und auch die Akzeptanz, dass nicht jeder Versuch zum Erfolg führt, aber es wird dir bestimmt gelingen. Im Zweifel mach vor dem Einkauf bei der Anprobe einige Bilder und lass dir bei der Stilberatung hier im Forum helfen.
 
Mut zu Hässlichkeit würde ich gerne ersetzen durch: Mut zum eigenen Stil.
Eigener Stil: okay. Aber nicht mit dem Ziel, dass es "gut" oder gar "hip" aussehen soll. Wer mit über 50 versucht, "hip" auszusehen, ist meistens peinlich.

Als ich jünger war, bin ich auf dieser Hipster-Welle geritten. Ich hab total sorgfältig darauf geachtet, dass alles, was ich anziehe, super zusammenpasst. Ich stand vor dem Spiegel und hatte dabei die Stimmen möglicher Kritiker im Ohr, habe in der Phantasie Dialoge mit ihnen geführt. Meine (in weiten Teilen vorgeschobene) Botschaft an die Umwelt: "Ich bin stylo, ich bin hip. Ich habe meinen eigenen Stil. Schaut mich ruhig an!" Ich war einer von den jüngeren in der Gesellschaft; habe mehr Zeit mit 25- als mit 45-jährigen verbracht, und so weiter. (Tief im inneren war ich ein verunsicherter Junge. Aber es war leichter, eine Fassade vorzubauen und diese so anzustreichen, dass sie glaubhaft wirkte. Ich war überhaupt kein Hipster, sondern nur ein Strumpfhosen-Narr.)

Jetzt bin ich einer der älteren. Das Wegbrechen der "Hipster-Fassaden-Option" hat mich viele Jahre lang ratlos zurückgelassen. Daher der Gedanke an eine neue Strategie. Und die lautet bewusst: es muss nicht hip und stylo aussehen. Egal wie sehr ich mich anstrenge: es wird immer schräg aussehen, weil ein Mann (der nicht mehr als Hipster durchgeht) in Strumpfhosen nun mal zu 99% immer schräg aussieht. Also: loslassen. Mut zur Hässlich äh ja okay, von mir aus Schrägheit.
die Akzeptanz, dass nicht jeder Versuch zum Erfolg führt
Definiere Erfolg... wenn Erfolg bedeutet, dass andere meinen Look cool finden sollen, dann bin ich raus. Ein Erfolg wäre für mich, zu akzeptieren, dass ich ein über 50jähriger Mann mit grauem lichter werdendem Haar bin, dass ich in Strumpfhosen nunmal schräg aussehe (egal mit was ich sie kombiniere) und dass ich dennoch so sein darf und dass ich liebenswert bin. Wenn ich das hinbekomme, dann bin ich für andere vielleicht auf den zweiten Blick auch nicht mehr so schräg oder hässlich wie auf den ersten.

P.s.: klar schau ich, dass das Zeug, was ich anziehe, zusammenpasst, da hab ich auch nach wie vor nen Blick für.
 
Erinnert sich noch jemand daran?

Yes you are ugly but you have style!

Anhang anzeigen 137109

Geh nicht davon aus peinlich zu sein/zu wirken. Wie ich Erfolg definiere? Ein stimmiges Outfit mit Selbstsicherheit getragen - zunächst für dich und dann ggf für andere. Das geht so einiges ;).

Und btw ich persönlich finde dieses Bild von der alten Frau ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie entscheidend die Haltung ist.
 
Ich hatte schon überlegt, dass es einfacher ist, wenn man sich komplett als Frau kleidet, also z.B. auch mit Perücke und was noch dazu gehört
sehe ich ganz anders - ich bin auch Ü 50 und zeige mich "draussen" in Rock oder Kleid mit Strumpfhose - immer als Mann, und habe fast nur gute Erfar´hrungen und viele pos. feedbacks - in meinen Augen wird es komisch, wenn Mann sich (versucht) als Frau zurecht zu machen, natürlich gint es Ausnahmen
 
sehe ich ganz anders - ich bin auch Ü 50 und zeige mich "draussen" in Rock oder Kleid mit Strumpfhose - immer als Mann, und habe fast nur gute Erfar´hrungen und viele pos. feedbacks - in meinen Augen wird es komisch, wenn Mann sich (versucht) als Frau zurecht zu machen, natürlich gint es Ausnahmen
So sehe ich das auch, ich bin auch immer als Mann erkennbar, trotz Rock , Bluse, Feinstrumpfhosen und Stiefel / Ballerinas.
 
Ahh mein Fehler. Hier noch einmal das Bild zum Beitrag.
 

Anhänge

  • IMG_7160.jpeg
    IMG_7160.jpeg
    572,5 KB · Aufrufe: 22
Zurück
Oben