Echt, du darfst auch im Rock in die Arbeit gehen? Das hört sich ja an, wie der Traum aller T-Girls.
Hallo Daphne,
ja, ich habe in mancher Hinsicht recht viel Glück. Es gibt aber andere Bereiche, wo ich keineswegs auch nur annähernd den T-Girl-Traum leben kann.
Also, ich habe mich vor etwa einem Monat etwa bei den Kollegen geoutet. Einerseits war der innere Druck so angestiegen, dass ich mich immer öfter umkleide ...
ich hab mich zwar als TV hier im Profil angekreuzt. Aber so richtig mag ich diese groben Labels nicht. Es wäre schon besser, wenn es da auch TG für Transgender gäbe, oder auch einfach nur T für alle Transpersonen.
Transsexuell (TS) bin ich wohl nicht, stehe dem aber doch innerlich näher als Crossdresser oder Transvestit -
... und dann wollte ich vermeiden, dass es zu Gerede kommt, wenn mal jemand ins Büro kommt und mich unvorbereitet in Rock, Strumpfhose und Ballerinas antrifft. Und ich wollte versuchen, wenn ich mich damit oute, wenigstens ein wenig das Heft selbst in der Hand zu behalten. Wird man unfreiwillig durch Entdeckung geoutet, ist man bestimmt kaum in der Lage die Situation zu beeinflussen.
Alle hier arbeiten zu ganz ungeregelten Arbeitszeiten, auch häufiger recht spät und am Wochenende. Ich hatte zuvor mehrfach solche Panikmomente, wenn plötzlich jemand reinkam. Bislang hatte aber niemand Lunte gerochen.
Das Outing ging dann erstaunlich locker, auch wenn ich erst natürlich schon gehörig nervös war. hatte. Ich habe mich leicht in Schale geworfen (Rock und dazugehörendes Jackett, einfache Halbschuhe, Strumpfhose - alles in eher gedeckten Farben), so dass das Erscheinungsbild geschäftsmäßig ok war, und bin dann zu jedem Kollegen einzeln gegangen, und ein bisschen erklärt warum ich in diesem Aufzug da bin.
Die Reaktionen waren ausnahmslos freundlich und gut, meine Anfangsnervosität wich dadurch ganz schnell, und ich konnte selbstbewußt und sogar ungewohnt schlagfertig mit allen umgehen. Dass es auch humorvolle Aspekte der Sache gibt, habe ich den Kollegen auch klargemacht, nur das ich dann aber gerne mitlachen würde anstelle dass man ausgelacht wird. Davon war aber bis heute auch nicht der Hauch zu spüren. Ein Kollege machte mir ein Kompliment für mein Kostüm - zu meinem Vorschlag, er könne es ja auch gerne versuchen, lachte wir und er meinte (nicht ernsthaft), er wolle es überdenken. Andere lobten meinen Mut. In der Frühstückspause kamen dann interessierte Fragen und ein gutes Gespräch.
Ich habe auch allen gesagt, dass ich auch verstehen könnte, wenn der eine oder andere damit zunächst Probleme hätte (war aber nicht der Fall).
Mein Verhältnis zu den Kollegen ist heute mindestens so gut wie je zuvor, - vielleicht wegen wegen meines Anvertrauens sogar noch besser - und wir treffen uns genauso zusammen zu zweit oder mit mehreren mal zu Bierchen oder Essen.
Seitdem komme ich wie ich will - allerdings überstrapaziere ich das auch nicht. Ich will auch gar nicht, dass dies in meinem Job eine übermäßig große Position einnimmt - es ist ja schon besonders genug.
Meistens komme ich (wie viele Frauen auch) eher in einem Unisex- oder androgynen Stil, in (Damen)Jeans, Tops, Stiefel und Schuhen mit eher flachen Absätzen (1-2 Zoll). Aber manchmal halt auch in einem bequemen Strickkleid über der Jeans, oder berockt.
Und bei all dem bin ich auch als Mann erkennbar - ich schminke mich nicht. (allerdings überlege ich z.Z.andere Maßnahmen wie Haarentfernung) - so kann ich zu Hause und beim Job mein Leben zwischen den Geschlechtern schon einigermaßen frei leben.
Das soll nun aber ja kein allgemeines Rezept zum bedenkenlosen Outing am Arbeitsplatz oder sonstwo sein !!!
Jede/r muss selbst wissen und kann nur selbst merken, was in seinem/ihren Umfeld möglich ist oder nicht.
Unter (anders gearteten) Umständen ist der Arbeitsplatz und mehr dadurch gefährdet!
In anderen Arbeitsfeldern, Firmen, hätte ich den Schritt nie gewagt.
Also nochmals, Du hast Recht, ich habe hier einmal viel Glück (gehabt)!
Viele Grüße
Flow