Ich bin vor kurzem auf den Beitrag Männer sind die neuen Frauen: Unisex oder Cross Dressing? von der Modetheoretikerin Barbara Vinken in dem Sammelband Kleiderfragen: Mode und Kulturwissenschaft gestoßen. Sehr interessant, weil sie den Wandel in der Beinmode der Renaissance bis heute beschreibt. So ist dort unter anderem zu lesen, dass Heinrich VIII. vom spanischen Hof eine Seidenstrumpfhose geschenkt bekam und zu dieser Zeit die Hersteller darum konkurrierten, für ihre männlichen Kunden möglichst feine und schimmernde Strümpfe herzustellen. Mit der französischen Revolution ging es in der Herrenmode darum, den Mann zu uniformieren und zu verstecken, während bei den Frauen der umgekehrte Prozess eintrat. Zur heutigen Strumpfmode bei Frauen schreibt sie, dass der Trend dazu geht, nicht mehr mit transparenten Strumpfhosen die Nacktheit des weiblichen Beins zu umgarnen, sondern das Bein zur Schaubühne für Muster und Farben wird und in der Folge die Nylons dicker werden bzw. die Frauen gleich zu eng anliegenden Hosen greifen. Bei jstor.org kann man den Beitrag aufrufen oder zumindest die erste Seite lesen. In den Wikipedia-Artikel Strumpfhose habe ich die Geschichte zur Männermode im 16. Jahrhundert ergänzt.
Ich weiß nicht so recht. In den Geschichtsbüchern steht eigentlich nicht, ob Henry Tudor diese Strumpfhose gern angezogen hatte. Er war sicherlich kein 24/7 Strumpfhosenträger und hatte sich am Morgen die Frage gestellt: Was ziehe ich mir heute zu meiner Strumpfhose an?
Dort, wo ich aufgewachsen bin, stand Henry im Geschichtsunterricht etwas intensiver im Fokus. Die Mode sollte "Macht und Reichtum darstellen", denn eine farbenprächtige in seiden gespickte Mode war für Viele zu der Zeit unerschwinglich. Die Beweggründe, eine derartige Mode zu tragen, waren also komplett anders orientiert, als wie in diesem Forum.
Der Artikel ist eine gute (Geschichts-)Information, aber heute bestimmt nicht dem Wunsch ".... ein Mann möchte Damenstrumpfhosen tragen..." dienlich. Zumal diese Seidenstrumpfhose keine Feinstrumpfhose gewesen ist. Rundstrickmaschinen gab es nicht und diese Strumpfhose war absolut blickdicht. Ich habe im Museum eines dieser Modelle gesehen. Diese würden die Mitglieder dieses Forums nicht einmal mit der Kneifzange anfassen wollen.
Die Mode setzte damals verschiedene Aspekte. So war es dem einfachen Volk bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht erlaubt, Farben zu tragen. Grau war angesagt. Selbst eine gebräunte Haut war ein Zeichen für "... schau ein einfacher Malocher, der draußen arbeiten muss...". Heute soll die Mode überwiegend die Erscheinung eines Menschen optimieren, den Mensch attraktiver machen.
Würde sich heute ein Mann in Feinstrumpfhosen auf Henry beziehen, dann wäre die Reaktionen der Gegenüber sicherlich nicht: "....Ah, Henry, war er nicht der Sohn des Harri Tudur, trug Seidenstrumpfhosen? Ich werde meinem Mann gleich eine Feinstrumpfhose kaufen...."