Das dieses Thema mal öffentlich gemacht wird, hätte ich nie gedacht. In jungen Jahren hatte ich ein außerordentliches Verlangen nach Krawatten, was mir nicht nur beruflich, sondern auch sozial-gesellschaftlich, damals erhebliche Nachteile eingebracht hatte. Popper und Bürohengst waren da noch die mildesten Beschimpfungen und das mir als Handwerker.
Und dann als ich meine jetztige Frau kennen lernte. Klar dachte ich, wenn ich von vornherein die Karten auf den Tisch lege, wird bestimmt alles gut. Doch nein, Sie war davon angewidert und nach vier Wochen stellte Sie ein Ultimatum, entweder ich oder die Krawatten.
Nun Sie war die Frau meines Lebens und ist Sie auch heute noch. Mein Motor, mein Lebenssinn. Ich entschied mich also für Sie.
Von da an waren Krawatten nur noch heimlich im Spiel, wenn ich allein war mit mir. Es ging auch mal so weit, dass ich eine ganz feine Krawatte unter dem Hemd getragen hatte, aber irgendwie hatte Sie es wohl bemerkt. Gesagt hatte Sie Nichts, aber Ihre Blicke sagten alles.
Vorgestern erst dachte ich mir, heute bist du morgens und abends, ganz allein eine Stunde auf der Autobahn unterwegs und im Auto sieht dich kein Mensch, da kann ich meiner Leidenschaft frönen. Doch auf dem Rückweg, ein Unfall, Vollsperrung, nichts geht mehr und das mehrere Stunden. Schnell war ich von anderen Autofahrern ringsum entdeckt. Und gleich wieder diese strängen Blicke. Man zeigte auf mich. In Fahrzeugen mit mehreren Insassen, war ich offensichtlich das Thema und der Spaßfaktor. Einige zogen ihr Smartphone und machten Fotos.
Als wir wieder weiterfahren konnten, winken mir noch einige mit einem Grinsen im Gesicht mitleidig zu. Ja es war wieder ein Tag der Erniedrigung und Scham.
Aber was soll ich tun? Das Verlangen und Begehren nach Krawatten lässt mich nicht los. Ich bin eine verlorene Seele . . .