Hallo beimbarte,
so ganz neu ist das Thema nicht, schließlich hast Du schon 2013 einen Thread in dieser Richtung eröffnet, vermutlich als Einstieg ins Forum:
https://www.strumpfhose.net/xf/threads/70-er-jahre-was-war-unter-der-hose.30137/post-349641 Ich denke. in den 8 Jahren haben wir keine Revolution verpasst, dass Feinstrumpfhosen sich zum Universal-Alltagskleidung zurückentwickelt haben und die Geschichte der Feinstrumpfwaren neu geschrieben werden muss.
Egal, dann lege ich meinen Fokus auf die Alltagskleidung. Zeiten dafür sind eigentlich nicht punktgenau festzumachen, weil jeder Mensch anders ist und somit auch der Zeitpunkt, wo er sich dem Mainstream anschließt.
Ich denke, wir können auch keinen Zeitpunkt festlegen, wann die Krawatte beim Mann bis auf besonderen Gelegenheiten (auch am bröckeln) und dem Businessbereich (noch mehr am bröckeln) aus der Alltagsbekleidung verschwunden ist.
Bis zum Aufkommen der Feinstrumpfhose Mitte der 1960er Jahre gab es nichts anderes als Nylonstrümpfe für die Frau, natürlich nur zum Rock oder Kleid, und das auch im Alltag. Sie kannten es nicht anders. Mit der Feinstrumpfhose wurden nur die Strumpfhalter verbannt.
Der Alltag ging weiter.
Zu diesem Zeitpunkt gab es auch keine Alternativen, im Supermarkt gab es die Wahl zwischen brauen Strumpfhosen in 20 und 30 den und Strapsstrümpfen, die aber mehr und mehr aufs Abstellgleis geschoben wurden.
Ab dem Anfang der 1970er Jahre begann der Siegeszug der langen Hose und erst recht der Jeans. Die bereits angesprochenen Frauen, die um 1960 und danach geboren worden hatten ihre neue Ikone.
Während ihre Mütter so mit 14-16 darauf hoffen durften, endlich Damenstrümpfe als Alltagskleidung anziehen zu dürfen, wurde die Jeans für die nächste Generation zur Alltagskleidung.
Wozu brauchte man noch eine Feinstrumpfhose dazu? Manche machten es ihren Müttern nach, die nun mehr und mehr zur Jeans über ihrer Feinstrumpfhose griffen und trugen welche, wenn der Winter am kältesten war.
Die Mehrheit aber nicht, und falls eine Mitschülerin mal ausnahmsweise im Rock und Feinstrumpfhose auftauchte, dann hieß es, meine Oma hat Geburtstag, da muss ich gleich nach der Schule hin und es wurde unverzüglich nachgeschoben, dass die Strumpfhose von ihrer Mutter sei. Ob das mangels eigener Feinstrumpfhosen stimmte oder es ihr peinlich war, solche Dinger zu besitzen, das entzieht sich meiner Kenntnis.
Aber von Grundsatz her, wofür brauch eine Frau eine 20-Den-Strumpfhose unter einer Jeans im Alltag? Mit der Jeans und Baumwollsocken ist man eigentlich gut verpackt, auch wenn es kühler wird, und im Sommer ist sie unter einer langen Hose überflüssig. Ferner gibt es bei einer Jeans keine Laufmaschen (und somit rausgeschmissenes Geld) und feuchte Füße, und ich glaube die Generation Mütter damals hat das auch so gesehen und ihre Töchter nicht gedrängt, es so wie sie zu machen, sondern sie haben sich ihren Töchtern angepasst.
Wenn es unbedingt für sie Polyamid an den Füßen sein sollte, mittlerweile gab es im Handel zusätzlich auch Feinkniestrümpfe und -söckchen, für die sich die Generation Töchter sich aber nicht begeistern konnte.
Waren die Mütter im dieser Umbruchphase in Sachen Feinstrumpfhose noch „leidensfähig", wenn irgendwie der „Wurm" in einer Feinstrumpfhose war, bei den Töchtern hatte eine Feinstrumpfhose oft keine zweite Chance mehr, wenn sie beim ersten Anziehen gleich defekt war oder im Laufe des Tragens kniff oder rutschte. Für sie gab es ja viel mehr geschätzte Alternativen.
Die angesprochene Generation Mütter gehört heute zur Generation „Altersheim" und oft noch eine Stufe weiter, und die Generation Töchter bereitet sich gedanklich auf ihre Enkelkinder vor, wenn sie nicht schon bereits Oma sind. Sie selber haben ihren eigenen weiblichen Nachwuchs keine Impulse in Richtung Feinstrumpfhosen mitgegeben, wie denn auch?.
Die 20 Den-Feinstumpfhose hatte keine echte Chance mehr als Alltagskleidung, für kühler kamen mittlerweile Strumpfhosen 40 Den und mehr auf, stark bedrängt von den Leggins in allen Formen, Farben und Materialien.
Mittlerweile ist ja sogar die Jogginghose als Alltagskleidung selbstverständlich.
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Bei den Ortsangaben, wo heute noch verhältnismäßig viele Frauen in Feinstrumpfwaren zu sehen sind, möchte ich die Frage nach der Allgemeinkleidung auf den Plan rufen.
Erstens sind pauschale Länderangaben ziemlich schwammig. Irgendwann wurde Italien als Eldorado für Feinstrumpfwaren hier im Forum gelobt, aber Italien erstreckt sich von Cortina d’Ampezzo bis nach Catania, und kann man alles über einen Kamm scheren, bei den unterschiedlichen Klimazonen?
Wenn russische Städte ins Spiel gebracht werden, schön und gut, vielleicht wurde man als Moskau-Tourist fündig und fand seine Bestätigung in St. Petersburg, aber ist die Situation mit Jakutsk identisch? Dahin verläuft sich kaum einer.
Selbst bei Berlin gibt es unterschiedliche Blickwinkel, und das in einem Forum!
Zweitens bleibt die wichtige Frage nach der Alltagskleidung.
Dort wo man als Besucher, Geschäftsreisende oder Tourist rumkrebst, erhält man selten Einblick in den Haushalt und erst recht nicht, was dort (gerade unter der Hose) getragen wird. Selten wird man nach Hause eingeladen, und wenn doch, dann sicher nicht, um beim Staubsaugen oder Fensterputzen zuzusehen.
Gruß
Placebo