Hey,
schön dass du so wundervolle Erlebnisse hast. Das freut mich für dich. Es ist schön sich mit einer Bio Frau so gut verstehen zu können.
Liebe Christina, danke herzlich.
Ich freue mich, dass sich hier nun schon einige, der von mir sehr geschätzten Forum-Mitglieder ihr Feedback auf meine Erlebnisse gegeben haben.
Jedoch möchte ich gewisse Sachen " entzaubern ", zumindest wie es hier in Upper Austria ist.
Du hast recht: Illusionen machen sollte man sich nicht, und ich denke Deine Hinweise ist auch für andere in ähnlicher Situation, die dies lesen sollten, sehr wichtig.
Nun sind wir wohl in unterschiedlichen Situationen und Gesellschaften:
Schweden, wo ich wohne, ist ein Land der gleichgültigen Toleranz (abgesehen von den Machokulturen in einzelnen Problemvierteln der wenigen Großstädte, und der rechten Szene), einerseits. Da mich außer den Freunden und dem erweiterten Kollegenkreis nur wenige kennen, ist mir die Reaktion vieler Leute nicht so wichtig, wie sie es mir wohl wäre, wenn ich in einer kleinen Stadt in Deutschland oder Österreich lebte, und dort vielen vom Sehen im Beruf, im öffentlichen Leben usw bekannt wäre.
Ich bin in einer Kleinstadt groß geworden, und kenne dieses gräßliche "Was könnten die anderen Leute von mir/von uns/von unserer Familie denken!"
Diese Schere, der Zensor im Kopf kann m.E. dazu führen, daß wir uns Jahre länger verstecken.
Andererseits werden hier durch Politik und Medien, bei öffentlichen und vielen privaten Arbeitgebern durchweg hohe Anforderungen gestellt, was Diskriminierung angeht.
Ich hatte früher einmal hier gepostet über mein Coming out am Arbeitsplatz als Transmensch, der Frauenkleider trägt. Das war vor mehr als einem Jahr. Neben der durchgehend ausnahmslosen positiven Reaktion hatte mir sofort der Kollege der Ansprechpartner für Diskriminierungsfragen ist gemailt, mich zu meiner Offenheit beglückwünscht (und ein gemeinsames Bierchen vorgeschlagen) und dann ausdrücklich aufgefordert auch nur beim kleinsten Hauch von Mobbing deswegen ihm Bescheid zu geben, damit er und der Chef dagegen vorgehen würden.
Im übrigen war das nie nötig, und unser aller Verhältnis ist so gut wie zuvor.
Das heißt nicht, dass eine Transition hier mit nur wenig Problemen behaftet sein muss. Aber diese Erlebnisse machen mir immer Mut, mich den Überlegungen zu stellen wie es weitergehen kann.
Angst macht mir vielmehr, wie ich in dem Fall mit meinen Alten umgehen soll, die um 80 herum sind, und eben in der Kleinstadt leben, und meinen, dass immer alle einander beobachten und kontrollieren.
Was, wenn meine Entscheidungen deren Lebensgefühl vergällen, ihre letzten Lebensjahre vermiesen?
Auf der anderen Seite: Soll ich auf meine gelebte Identität verzichten müssen (falls ich dies möglich machen kann), auf Jahre oder vielleicht immer, nur(?) weil ich vermeintlich Rücksicht auf sie nehmen muß?
Ich verdanke ihnen viel im Leben - bin ich undankbar, wenn mein Lebensweg ihnen Kummer machen sollte?
Das ist nur ein Teil der Fragen, die sich nur als gravierendste stellen.
Ja, ich hab Freundinnen die mich verstehen, jedoch wird der Haupteil eine Transidente nie als vollwertige Frau sehen. No chance. Das tut weh, klar, aber wenn man sich nicht selbst was antun will, muss man damit eben leben.
Ja, natürlich!
Aber wie gesagt gilt hier auch, daß mir die Reaktionen Fremder eher am Buckel herabrutschen, so lange sie nicht tätlich sind und meine Freunde, meine Arbeitskollegen zu mir stehen, und vielleicht auch einmal meine Familie.
..
Und langsam wird mir auch klar, dass ich nicht in meiner geliebten Heimat bleiben kann. Nicht umsonst träum ich immer wieder von Skandinavien.
Das ist schwer, verstehe ich. Ich habe nach vielen Jahren in zwei Ländern kein wirkliches Heimatgefühl auf regionaler oder womöglich unvernünftigerweise nationaler Ebene - das erleichtert vieles. Nur meine beinharte Identität als überzeugte Europäerin; Europa, die EU, ist meine gefühlte undHeimat.
Falls Du Ambitionen hast auf Skandinavien, Schweden: Viele außerhalb haben ein Bild, dass von der Natur und den ehemaligen Sozialstaaten geprägt ist. D.h. von Urlauben, bei denen man das Land nicht kennenlernt bzw. einer verblichenen Utopie, deren praktische Konsequenzen man meist nicht kennt.
Du brauchst es vielleicht nicht, weil Du es schon kennst/weißt, aber sicherheitshalber der Rat, sich gut über hiesige Sozialsysteme zu informieren bevor man kommt (insbesondere das widersinnige Pensionssystem, dass vielen Rentnern im neuen Jahr minus sieben Prozent "beschert"; oder die asoziale Arbeitslosenversicherung; das teure und oft ineffektive Gesundheitssystem), und darauf gefaßt sein, dass man trotz aller oberflächlichen Freundlichkeit, lange kaum in diese alten (Bauern)- Gesellschaften Eingang findet:
Man ist hilfsbereit und angenehm unkompliziert im Ungang miteinander, aber enge Freundschaften zw. Schweden und Ausländern sind sehr selten (eher noch Liebesbeziehungen). In Schweden bleibt man gern unter sich...
Bloss ein Leben zu führen wo man sein kann wie man ist.
Dass möchte ich gern nach Möglichkeit. Falls es geht, dann möchte ich mit offenen Karten spielen, mich nicht mehr verstecken und den Weg bewußt zu gehen - und so selbstbewußt wie möglich.
Das habe ich mir schon länger fest vorgenommen und ich hoffe nur ich kann dann beuvdem Vorsatz bleiben, trotz der von dir zu recht angeführten Widerstände.
Und einige Bekannte von mir fragen mich warum ich mir das Leben selbst so schwer mache. Die haben nicht's kapiert. das zeitweise be.....scheidene Leben das ich im Moment führe hab ich mir nicht ausgesucht.
Genau. Ich wünsche Dir, dass du immer Kraft hast deren Uneinsichtigkeit abprallen zu lassen.
Du bist Du selbst, hast Deinen Selbstwert als Frau mit eben einer bio-Mann Vorgeschichte. Andere Frauen haben eine andere Geschichte - und jede Geschichte ist vor allem individuell. Am Frausein ändert das m.E. nichts, woher man einmal dahin kam und wie früh.
Dass man als "spätgeborene" Frau mehr Mühe haben wird, das Frausein zu leben, als die anderen, ist halt eine Folge der "späten Geburt" mit der wir zu leben haben. Ich möchte mich dem versuchen zu stellen.
Na, und eigentlich könnte man doch den Spieß ein wenig umdrehen und auch sagen, dass geborene Frauen eben der bio-männliche Hintergrund abgeht
Schönes 2010 für dich Atalanta. Und geniesse die schönen Stunden.
god kväll,
christina
Dir auch und Danke nochmals herzlich!
LG
Atalanta